Food Pairing
Für mehr geschmackliche Abwechslung auf unseren Tellern
Wir lieben Tomaten mit Basilikum, Erdbeeren mit Schokolade oder Käse mit Birne. Weshalb ist das so und warum passen sehr unterschiedliche Zutaten so gut zueinander? Die Wissenschaft dahinter nennt sich Food Pairing und bringt neue Geschmackskombinationen ans Licht. Diese wiederum führen nicht nur zu mehr Abwechslung auf unseren Tellern, sondern bieten auch weitere Vorteile.
Weit mehr als 10‘000 Aromen gibt es. Allein 400 stecken in einer simplen Erdbeere und etwa 1‘000 in geröstetem Kaffee. Doch bei der Pflanzenzüchtung stehen heute meist gute Lager- und Transporteigenschaften, schönes Aussehen und grosse, makellose Früchte im Vordergrund und industrielle Lebensmittel werden nach standardisierten Rezepturen hergestellt. Dies oft auf Kosten der Geschmacks- und Aromenvielfalt.
2005 stellten Hanni Rützler und ihr Team erstmals – als Gegenbewegung der Geschmacksstandardisierung – ein neues Interesse an authentischen und differenzierteren Geschmäckern fest und nannten den Trend «Sensual Food». Dieser Trend hat sich bis heute weiterentwickelt und bedeutet nicht einfach nur «back to the roots». Mit dem Ziel, das Geschmacksspektrum zu erweitern, suchen Fachpersonen nach neuen Zutaten, experimentieren mit alten Zubereitungsarten (z.B. Fermentation) und Rezepten und kombinieren sie mit neuen Technologien. Ein riesiges Forschungsgebiet offenbarte sich, woraus auch der Trend «Food Pairing» entstand.
Food Pairing – mehr als Erdbeeren mit Schokolade
Erdbeeren und Schokolade passen zusammen wie der Deckel auf den Topf. Heute weiss man auch warum: Die gemeinsamen Röstaromen in Erdbeeren und der Schokolade bewirken, dass die beiden Lebensmittel gut zusammenpassen. Genau darum geht es beim Food Pairing: Um die Identifizierung der sogenannten Schlüsselaromen (fruchtig, käsig, würzig, geröstet usw.), woraus die Wissenschaft für jedes Lebensmittel ein Aromaprofil erstellt. Je mehr gemeinsame Schlüsselaromen Lebensmittel besitzen, desto besser passen sie zusammen. So entstehen neue Kombinationen, die unerwartete Geschmackserlebnisse versprechen. Hätten Sie daran gedacht, Kakao über Ihren gedämpften Blumenkohl zu streuen? Oder Mango und Mozzarella zu kombinieren?
Natürlich sind es nicht die Kombinationen allein, die ein Essen zum Genuss werden lassen. Wurden erst mal neue, passende Kombinationen entdeckt, geht es darum, das richtige Verhältnis der beiden Lebensmittel zu eruieren, damit das Geschmackserlebnis optimal zum Tragen kommt. Und natürlich spielen auch die Konsistenz, die Temperatur und das Anrichten auf dem Teller eine wichtige Rolle, damit möglichst viele unserer Sinne sich satt tasten, schmecken, riechen, hören und sehen können. Die Forschung in diesem Bereich ermöglicht aber noch mehr. Auch Zuckerreduktion in Lebensmitteln soll möglich sein, indem man beispielsweise vanillinhaltige oder beeren- oder fruchtartige Zutaten in Lebensmitteln einsetzt.
Food Pairing – Potenzial für Lebensmittelunternehmen und Ernährungsfachpersonen
Food Pairing kann für Lebensmittelunternehmen in diversen Anwendungsbereichen relevant sein. Sei es bei der Entwicklung neuer Lebensmittel, der Optimierung bestehender Rezepturen oder der Reduktion von zugesetztem Zucker. Auch der Einsatz heimischer Lebensmittel kann insofern gefördert werden, als mit Food Pairing innovative Kombinationen und Geschmackserlebnisse angeboten werden können. Datenbanken bieten hier Unterstützung und Inspiration (siehe nachfolgend). Nicht zuletzt kann Food Pairing eine abwechslungsreiche Ernährungsweise und die Wertschätzung von Lebensmitteln fördern, indem neue Kombinationen altbewährter Lebensmittel mehr Vielfalt auf unsere Teller bringen.
Quellen und weiterführende Informationen:
Zukunftsinstitut GmbH. Food Report 2021.
The Science behind Foodpairing®
DLG-Expertenwissen 6/2017. Food Paring & Sensorik – Grenzenlose Faszination?
Volatile Compounds in Food
Aromareich
Die Kunst des Foodpairing. ISBN 978-3-96584-072-0
Vegetarische Aroma-Bibel. ISBN 978-3-03800-945-0

Aktuelles: SGE-Fachtagung zum Thema «Mega-Trends»
Am 3. September findet die Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE zum Thema «Mega-Trends und ihr Einfluss auf die Ernährungszukunft» statt (online). Unter den Referenten und Referentinnen sind auch Hanni Rützler und Priska Baur – sie werden relevante Entwicklungen in den Bereichen Food und Ernährung präsentieren.

Aktuelles: Neuer Masterstudiengang Fachdidaktik
Neu bietet der Joint Degree Masterstudiengang Fachdidaktik der Universität Basel und der Pädagogischen Hochschule der FHNW ein forschungsbasiertes Studium mit der Vertiefungsrichtung Wirtschaft, Arbeit, Haushalt. Pascale Mühlemann und Melanie Loessner haben das Modul 1.1 «Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement» zusammen entwickelt; die erste Durchführung startet im Frühling 2022.

Aktuelles von SWAN: Mentoringprogramm Ernährung
Bis zum 30. Oktober 2021 kann man sich fürs SWAN-Mentoringprogramm Ernährung 2022/23 bewerben. Das Programm richtet sich an Ernährungsfachpersonen, die am Anfang ihrer beruflichen Entwicklung oder in der Phase der beruflichen Neuorientierung stehen oder aber nach der Familienphase wieder in den Beruf einsteigen wollen.
Das Mentoringprogramm wurde 2020 lanciert; in der ersten Runde 2021/22 konnten 8 Mentees aufgenommen werden. Wir sind gespannt auf die zweite Runde 2022/23!
Der Verband der SWiss Academic Nutritionists (SWAN) ist die berufliche Interessensvertretung von akademisch ausgebildeten Ernährungsfachpersonen in der Schweiz. SWAN steht auch gesetzlich anerkannten Ernährungsberater/innen offen, die in Berufsfeldern ausserhalb des klassischen klinisch-therapeutischen Bereiches tätig sind oder sich dafür interessieren (z.B. Public Health, Lebensmittel- und Pharmaindustrie, Forschung und Lehre).

Skurriles und Amüsantes aus der Food-Welt
Wieso mögen manche ihr Essen scharf – und andere halten kaum etwas Schärfe aus?
Die Genetik ist mitbestimmend, ob jemand ein sogenannter «Supertaster» ist oder nicht. Supertaster sind besonders geschmacks- und geruchsempfindlich und reagieren auch sensibler auf Schärfe. Studien zeigen, dass man sich eine gewisse Schärfetoleranz antrainieren kann, indem man scharf isst und so die Rezeptoren desensibilisiert. Diese Desensibilisierung soll bis zu zwei Wochen anhalten und ist beliebig «verlängerbar», wenn man sich immer wieder scharfes Essen gönnt. Eine neue These besagt nun, dass Schmerzrezeptoren nach scharfem Essen chronisch desensibilisiert bleiben. Wie auch immer: Der Schmerz, den beispielsweise Chili auslöst, euphorisiert manche Menschen. Dies könnte ein weiterer Grund dafür sein, dass es manche in ihrem Leben einfach heiss mögen…
Quelle: higgs, 11. März 2020.